Brathuhn a la Nairobi

Es war Freitag, und ich wollte für E. und mich abends ein Huhn im Ofen grillen. Kurz nach Mittag ging ich einkaufen. Als ich zurückkam, war der Strom weg. Damit begann ein neues Kapitel unter dem Motto “Lebe leichter ohne Technik”. Ein Kochrezept für zwei Personen und eine Petroleumlampe.

Eine Art Rezept

Man nehme: Ein frisches, nicht gefrorenes Huhn vom örtlichen Supermarkt, kaufe es gegen 1 Uhr mittags und fahre es gut gelaunt nachhause. Dort stelle man fest: Strom weg, Kühlschrank aus. Danach stecke man das Huhn ins bereits abtauende Gefrierfach und hoffe für das Beste.

Gegen 16 Uhr veranstalte man mit sich, dem Kühlschrank und dem Huhn eine Krisensitzung. Dabei beschließe man, sich von so nebensächlichen technischen Schwierigkeiten – ohne Strom kein Kühlschrank und auch kein Backofen – nicht kleinkriegen zu lassen. Man erinnere sich an den noch verpackten Kugelgrill und daran, dass Grillspezialisten angeblich darin per indirekter Hitze auch Hühner braten können.

Daraufhin fahre man wieder gut gelaunt in den Supermarkt zurück und kaufe dort Holzkohle, Batterien für die Taschenlampe sowie eine Petroleumlampe, die aussieht, als wäre sie schon auf Admiral Nelsons Flagschiff in Betrieb gewesen.

Hernach erinnere man sich daran, dass Brathühner mit Gewürzen eingerieben werden. Also gehe man zum Gewürzregal und schaue ratlos auf dreihundert Dosen, Tütchen und Fläschchen. Man schaue sich um und entdecke eine Verkäuferin, die im Gespräch mit einer älteren Kenianerin ist. Man frage, ob man kurz mal unterbrechen dürfe und bitte um Hilfe bei der Wahl der Gewürze.  Enttäuscht stelle man fest, dass sie keine Ahnung hat.

Erfreut höre man, wie die ältere Kenianerin fragt, ob sie sich mal einmischen dürfe. Selbstverständlich. Köchin sei sie, für einen Direktor der UN, und der esse auch gerne Huhn. Sie wisse also genau, was man brauche. Man folge der Frau am Gewürzregal entlang, nehme auf ihr Geheiß eine Gewürzmischung und eine BBQ-Soße heraus, bedanke sich überschwenglich und brause nachhause.

Dort packe man den Grill aus, baue ihn zunächst kräftig fluchend und später nach Anleitung zusammen. In der hereinbrechenden Dämmerung fülle man Fackelöl in die Petroleumlampe und zünde sie an.

Man glühe die Kohlen vor, schiebe sie am Boden des Kugelgrills in der Mitte auseinander. Über dieser Lücke platziere man auf dem Rost das Huhn, das man vorher nach Vorgaben der Köchin eingerieben habe. Man schließe den Grill, stecke das Grillthermometer durch ein Loch im Deckel und warte gespannt. Nachdem sich die Temperatur bei ca. 230 Grad eingependelt hat, hole man sich ein kühles Bier, von dem man sich selbst hin und wieder einen Schluck genehmige und ebensoviel in eine Schale unter dem brutzelnden Huhn kippe.

So warte man ca. 90 Minuten. Hin und wieder öffne man den Grill, stecke sich einen Taschenlampe in den Mund, um mit der einen Hand den Kugelgrilldeckel zu halten und mit der anderen das Huhn mit Bratensoße zu bepinseln. Dann erschrecke man entsetzlich, weil plötzlich das Licht wieder angeht, die Stereoanlage losdudelt und der Kühlschrank piepsend um Hilfe ruft, weil in seinem Inneren der Frühling ausgebrochen ist.

Man lasse es 20 Uhr werden und den Magen knurren. Dann decke man den Tisch und hole gerade das Huhn aus dem Grill, als sich der Schlüssel im Schloss der Haustüre dreht und E. hereinkommt. Gemeinsam stürze man sich auf das Huhn und lasse nichts als Knochen übrig. Danach rolle man den noch heißen Grill an den Tisch, wärme sich an ihm und genieße den Abend.