Der weiße Masai

Wie schon erwähnt bin ich nun endlich in der Masai Mara gewesen. Es war, wie erwartet, die Konferenz der Tiere: Löwen, Giraffen, Zebras, Gnus, Warzenschweine, Antilopen und ein etwa 1 Zentimeter großer Gepard – aus einem Kilometer Entfernung. Dort war und blieb ich nur Tourist. Doch ein paar Tage später, am Strand vor Watamu, wurde ich, quasi im Vorbeigehen, zum Ehren-Masai ernannt.

Masai sind nicht nur bekannt aus Film und Fernsehen, sondern haben in Kenia einen Ruf, der keinerlei massenmediale Weiterverbreitung benötigt. Je nachdem, wen man in Kenia fragt, gelten sie entweder als traditionsbewusst oder rückständig. Sie tragen gerne rot, sie lieben Kühe (und glauben, dass ihnen weltweit alle Kühe gehören) und verstehen sich selbst noch immer als Krieger.

Nach unserem Ausflug ins Masai-Land fuhren wir an den Strand in ein Ferienhaus. Dort stand, wie auch in allen anderen Häusern, die ich sah, ein Wachmann am Tor. Es war, wie in allen anderen Häusern auch ein Masai, hochgewachsen, ganz in rot und mit einem Stock bewehrt. Nur unserer sah etwas anders aus: Er trug eine absolut coole Sonnenbrille. Da ich eine Sonnenbrille im Allgemeinen und diese im Besonderen etwas weniger traditionell fand, fragte ich ihn:

Ich: Sind Sie ein Masai?

Er: Ja.

Ich: Warum tragen Sie eine Sonnenbrille?

Er: Weil ich es an den Augen habe.

Ich: Warum haben alle Häuser hier einen Masai Wachmann?

Er: Weil wir Masai harte Krieger sind und die Gangster Angst vor uns haben.

Dann fiel mein Blick auf seine Füße. Er trug Schuhe aus alten Autoreifen. Mein Strandsandalen waren einige Minuten zuvor vom Indischen Ozean in kleine und mittelgroße Plastikteile zerlegt worden.

Ich: Coole Schuhe.

Er: Die machen wir selbst.

Ich: Könnte ich auch solche Schuhe haben?

Er: Klar, kann ich Dir machen.

Also bestellte ich original Masai Schuhe aus Altreifen. Am nächsten Tag winkte er mir vom Tor aus zu. Die Schuhe seien fertig. Ich probierte, sie passten. Es waren alte Motorradreifen, total abgefahren. Es war also klar, dass ich darin bei Regen nicht schneller als etwa 60 Stundenkilometer laufen sollte, wegen Aquaplaning. Auch als Winterreifen würden sie nicht taugen, aber Schnee gibt es hier ja höchstens am Kilimanjaro.

Stolz – und etwas quietschend – schritt ich davon, zurück an den Strand. Dort stand der erste Strandverkäufer. “Hey, Masais”, schrie er gegen den Wind an, als er mich und meine Schuhe sah. Ich winkte freundlich. Hundert Meter weiter der nächste Verkäufer. “Hey, white Masai” rief der. Ich winkte. Dann der dritte. Ich winkte zurück, nun schon etwas genervt.

Dann watete ich ins Wasser, vielleicht würde man die Schuhe dort nicht so gut sehen. Doch wie befürchtet, lief es sich nicht gut bei Nässe. Also zog ich die Schuhe aus und trug sie, während ich dank der Ebbe in Richtung Riff platschte. Auch dort stand ein Verkäufer, der meine Schuhe sah und sofort rief, naja, das könnt Ihr Euch jetzt denken.