Sprühende Kreativität

Körperpflege ist nicht einfach. Zum Beispiel langweilt mich Zähneputzen derart, dass ich dabei immer lesen muss. Leider ist die Lektüre beschränkt, wir haben keine Bibliothek im Badezimmer. Deshalb studiere ich meist die Rückseite der Zahnpastatube oder Beipackzettel von Medikamenten. Nicht gerade Weltliteratur. Andere haben andere Probleme. Zum Beispiel hat E. sich ein Deo gekauft. Also, sie dachte, sie hätte ein Deo gekauft. Es war aber nur die Nachfüllpackung. Zwar eignet sich eine Nachfüllpackung sehr gut, eine bereits vorhandene Sprühflasche nachzufüllen. Dumm nur, dass wir die Sprühflasche nicht haben.

Wir stehen im Supermarkt, den wir nach anfänglicher Begeisterung immer mehr Leid sind. Ich weiß nicht, welche Art von Management dieser Supermarkt hat. Vielleicht ja gar keines. Jedenfalls sind hier Grundnahrungsmittel immer wieder knapp. Vergangenes Jahr gab es monatelang keinen Zucker. Der sei in Kenia gerade aus, hatte mir ein Verkäufer erläutert.

Das war supermarktinterne Propaganda. Denn kurze Zeit später hatte ich in dem kleinen indischen Laden an der Tankstelle staunend vor einem riesigen Haufen Zucker gestanden. Die aktuelle Masche der großen Supermarktkette ist, keine Butter im Kühlregal zu haben. Als ich dann aber in den kleinen indischen Laden an der Tankstelle … doch dazu später.

Jetzt geht es um eine Sprühdeoflasche. Zum Nachfüllen. Es muss also eine Flasche sein, die man auf- und wieder zuschrauben kann. Wir gehen zum Deo-Regal. Meterlang erstrecken sich links und rechts die Deos. Zum Rollen, zum Sprayen, zum Auftragen und auch zum Sprühen. Leider kann man sie weder auf- noch zuschrauben.

Ratlos laufen wir durch die Gänge. Da sieht E. eine Sprühflasche, nicht mit einem Knopf oben, sondern mit einem Abzug wie bei einem Gewehr. Ungewöhnlich für ein Deo, dennoch sind wir begeistert. Aus der Nähe stellt sich das Ding aber als Insektenvernichtungsmittel heraus. Wir probieren trotzdem, wie es wäre, sich damit unter die Achseln zu sprühen. Nur so als Trockenübung. Die Leute in der Nähe betrachten uns nun etwas eingehender.

Eine Sprühflasche wie beim Bügeln, ruft E. Wir eilen durch die Gänge. Plastikkram in allen Formen und Farben. Leider keine Sprühflasche. Vielleicht beim Autozubehör, werfe ich ein. Die Regale stehen voller Lacksprühdosen, Ölflaschen und Silikon-Sprays. Doch nichts davon würde sich als Sprühdeoersatzflasche eignen.

Schon auf dem Weg zur Kasse fällt uns Parfüm ein. Auch davon gibt es ein langes Regal, aber keiner der Flakons ist zum Aufschrauben. Im letzten Moment entdecken wir ein Körperduftspray, das es in den Variationen Rosen- oder Vanilleduft gibt. Ich schnuppere, fast fällt mir die Nase ab. Das ist kein Duft, das ist synthetischer Rosen-Gestank. Immerhin ist die Düse zum Abschrauben. Vielleicht wenn man das Zeug wegschüttet und die Flasche ein paar Stunden in lauwarmem Essigwasser badet?

Zuhause angekommen, kippen wir den Rosenduft ins Klo. Natürlich nicht ohne zuvor die ökologischen Auswirkungen diskutiert zu haben. Also, wenn man es auf den Körper sprühen kann, sollte es ja eigentlich… Dann baden wir die Flasche in Essigwasser. Dabei lösen sich gleich die Kleber ab. Nun haben wir eine prima Sprühflasche, die nicht nur sprüht, sondern auch durch ihre Markenlosigkeit die Nerven beruhigt. Aber wer weiß, vielleicht hätte ich ja gleich zum kleinen indischen Supermarkt an der Tankstelle…