Things I Want To Do Before I Leave Ghana (6-9)

Fortsetzung der Eimer-Liste von gestern, heute mit den Teilen 6-9. 

6

Noch einmal Wind und Schatten genießen

Nirgends auf der Welt lernt man Wind und Schatten so zu lieben, wie in den Tropen. Bei Temperaturen, die eigentlich Tag und Nacht zu hoch sind und der enormen Luftfeuchtigkeit dazu, bringt jeder noch so kleine Luftzug Erleichterung. Jeder Baum, jeder Zweig und jedes Dach werden genutzt, um darunter zu parken, zu schlafen oder einfach Pause zu machen. Klima formt das Leben. Die Langsamkeit, die ich hier oft angetroffen habe, erkläre ich mir zum Teil mit den physiologischen Anforderungen des Wetters. Schon beim Anziehen ist es entscheidend, ob ich mich schnell oder langsam bewege. Bin ich zu hektisch, kann ich mich gleich wieder umziehen. Stress und damit einhergehender Adrenalinausstoß sind grundsätzlich zu vermeiden. Finde ich morgens den Schlüssel nicht und ärgere mich, endet es wie bei Monopoly: Gehe zurück ins Badezimmer, und fang nochmal von vorne an. Nichts ist schöner, als die Stunden zwischen 6 und 8 Uhr morgens und zwischen 4 und 6 Uhr nachmittags. Die Sonne steht sehr schräg und wirft warmes Licht ins Grün, dann bin ich gerne draußen. Idealerweise geht ein Lüftchen, und ich denke mit Bedauern an den letzten Wetterbericht für Deutschland im November.

Nostalgiefaktor: Sehr hoch

Status: Offen

***

7

Noch einmal jemanden vom Stuhl fallen sehen

Wenn es ein universelles Möbelstück in Ghana gibt, dann ist es der Plastikstuhl. Egal ob Fußball geschaut, gemeinsam gebetet, dem Präsidenten gehuldigt oder einfach nur ein leeres Grundstück bewacht wird, man tut es auf dem Plastikstuhl. Ich weiß nicht, wie das anderswo ist, aber in Ghana gibt es die Stühle in Weiß, Beige und Grau, und diese Farben sind mehr als einfach nur Farben. Einmal schlief unser Wächter in seinem Häuschen auf einem grauen Plastikstuhl. Ich rief ihn von Ferne, einmal, zweimal, aber er schlief weiter. Dann trat ich etwas näher und rief erneut und lauter. Der Arme erschrak ganz furchtbar und wollte aufspringen, worauf der Stuhl unter ihm zusammenbrach und in alle Ecken wegsplitterte. Davon erzählte ich später einem ghanaischen Kollegen. Kein Wunder, meinte der nur, die grauen Stühle hielten bekanntlich nichts aus, die weißen seien viel besser. Heute saß ich mittags noch einmal im Restaurant der hiesigen Alliance Francaise. Im Pavillon nebenan wurde ein Französischkurs gegeben. Plötzlich Krachen, Poltern, Geschrei: Unter einer Kursteilnehmerin war der Stuhl zusammengebrochen. Das linke Stuhlbein flog quer über den Platz. Sie wälzte sich in den Trümmern. Minutenlange Begeisterung der Klasse. Der Lehrer kämpfte vergebens um Disziplin. Natürlich war der Stuhl aus grauem Plastik.

Nostalgiefaktor: Hoch

Status: Erledigt

***

8

Noch einmal 20 Minuten vergeblich auf eine Cola warten

Das Warten ist der wahre Klassiker Westafrikas. Verspätungen bei Verabredungen in Höhe von 30-90 Minuten sind vollkommen normal und nicht der Rede wert. Auch wenn es dem immer ungeduldigen Westeuropäer schwer fällt, man muss sich dran gewöhnen. Ich würde wahrscheinlich auch kein Wort mehr darüber verlieren, wenn ich heute nicht einen besonders schönen Fall erlebt hätte, der mich an die Hochzeiten der Warterei erinnert hätte. Der bisherige Rekordhalter war nämlich das Restaurant „Next Door“. Es liegt direkt am Meer, hat eine wunderbare Aussicht, und ein Karte mit einer riesigen Zahl an Gerichten, mindestens 100 davon mit Nudeln. Eines davon wollten wir haben. Die Kellnerin nahm unsere Bestellung auf und schlurfte von dannen. Nach über 30 Minuten erschien sie wieder und überbrachte uns die Nachricht, heute gäbe es gar keine Nudeln. Zurück in die Gegenwart. Im eben schon erwähnten Restaurant der Alliance Francaise wollte ich, während ich auf Freunde wartete, eine Cola trinken und bestellte diese. Nach einiger Zeit schaute ich auf die Uhr und stellte fest, dass 20 Minuten vergangen waren. Keine Cola da. Ich drehte mich um und sah zur zwei Meter entfernten Theke. Dort lehnten und tagträumten nebeneinander zwei Kellner und eine Kellnerin und starrten über mich hinweg ins Leere.

Nostalgiefaktor: Niedrig

Status: Mehr als erledigt

***

9

Noch einmal frecher sein, als die Polizei erlaubt

Mein Verhältnis zu den Ordnungshütern hat sich innerhalb dieser zwei Jahre erheblich geändert. In der ersten Woche hatte ich mich einmal vor einer Ampel falsch eingeordnet, es bemerkt und, nach ausführlichem Schulterblick in den nicht vorhandenen Verkehr, über eine durchgezogene Linie die Spur gewechselt. Auf der anderen Seite der Kreuzung standen drei Polizisten, die mich deshalb anhielten und mir Vorhaltungen machten, wie gefährlich das doch gewesen sei. Da ich nicht gleich klein beigab, stieg einer ein und wollte zur Polizeiwache fahren. Wir fuhren eine Weile kreuz und quer durch das Stadtviertel und landeten – nein, nicht auf der Wache -, sondern auf einem Parkplatz, wo er mit mir über das Bestechungsgeld verhandeln wollte. Eine halbe Stunde später stand ich auf dem Rückweg wieder an dieser Kreuzung und sah, wie ein ghanaischer Fahrer denselben Fehler machte. Die Polizisten traten auf die Straße und winkten ihn an den Rand; er aber gab Gas, fuhr einfach vorbei und winkte fröhlich lachend aus dem Auto. Das gab mir zu denken. Seit neuestem mache ich auch so. Letztens fühlte sich ein Polizist auf seinem privaten Moped wohl abgedrängt, als er sich in der Dunkelheit und ohne Licht im chaotischen Stau auf dem Randstreifen an mir vorbeiquetschen wollte. Er schrie ganz furchtbar und klopfte wild ans Fenster, ich winkte froh und fuhr weg. Er verfolgte mich eine Weile, ich winkte dann immer gut gelaunt, bis er irgendwann aufgab.

Nostalgiefaktor: Unterirdisch

Status: Hoffentlich ein für alle Mal erledigt

FORTSETZUNG FOLGT