Von Gurken und Bananen

Wir erwarten Besuch im Herbst. Gute Freunde aus dem Norden, also dem Norden Deutschlands, wollen kommen. Schrieben eben per SMS, dass sie sich schon sehr freuten, und fragten, welche Impfungen man hier eigentlich bräuchte? Habe kurz gestaunt. Hatte daran schon lange nicht mehr gedacht. Vorbei ist die Zeit, als ich vor der Abreise nach Ghana 2008 die Top Ten der Tropenkrankheiten und ihre wichtigsten Symptome auswendig herunterbeten konnte. Bilharziose, Malaria, Denge- und Gelbfieber, Typhus, Cholera und was weiß ich. 

Hier spüle ich mir jeden Morgen mit Wasserhahnwasser die Zähne. Jawohl. Und lebe noch. Eigentlich sogar sehr gut. Welche Impfungen also? Tja, Malaria vielleicht, aber dagegen gibt es keine Impfung, sondern nur Prophylaxe in Tablettenform. Braucht man auch nicht unbedingt, es gibt schließlich auch für Malaria die Pille danach. Muss plötzlich an Gurken aus Spanien und Sprossen von Biohöfen denken. Frage ich demnächst meine Freunde in Deutschland, welche Impfungen ich brauche, wenn ich sie mal wieder besuchen komme? Aber stopp mal, auch gegen EHEC gibt es ja keine Impfung.

Bevor einer eine Reise in Tropen tut, liest er die Empfehlungen des Auswärtigen Amtes. Man will dann eigentlich nicht mehr reisen. Wer den Tropenkoller kriegt, bevor er überhaupt abgereist ist, der soll doch mal die Reiseempfehlungen des State Departments der USA für Deutschland lesen. Liest sich wie eine Reise durch die Bronx. Hooligans gäbe es hier, die sich darauf spezialisiert haben, US-Bürger in Schlägereien zu verwickeln. Vor ein paar Jahren las ich an dieser Stelle über giftige Schlangen und Spinnen, Typhus und andere ansteckende Krankheiten. Jetzt wir natürlich vor dem Verzehr von Gurken, Tomaten und Sprossen gewarnt.

An dieser Stelle vielleicht ein Tipp des Tropen-Veteranen. Wir waschen Gemüse und Salat entweder in einer starken Salzlösung oder in normalem Wasser mit ein paar Kristallen Kaliumpermanganat. Das soll gegen hiesige Koli-Bakterien helfen, vielleicht funktioniert es ja auch in Deutschland. Mittlerweile müssen wir uns hier aber vor gar nichts mehr fürchten. Denn unser rohes Gemüse kommt seit zwei Wochen aus dem eigenen Garten hinter dem Haus.

Ich wusste bis dahin nicht, wie unglaublich gut ein frisch geschnittener, vollkommen unbehandelter Salat schmeckt. Ich wünschte mir auch, dass meine Kopfhaare so sprössen, wie die Petersilie, die ohne fremde Hilfe in wahren Büschen aus dem Boden schießt. Auch Karotten, Paprika, Salbei, Rucola und Rosmarin gedeihen alle ganz prima. Nicht zu reden von den Bananen, die wir letztens gleich als ganze Staude pflückten. So eine Staude trägt erstaunlich viele Früchte. Selbst als wir sie zu gleichen Teilen mit den Wächtern, dem Gärtner und der Haushaltshilfe geteilt hatten, bestand das Menü tagelang aus Bananenbrot, Bananenkuchen, Bananen im Müsli, Bananen-Milchshake oder Banane pur.

Die zweite Staude, die wir vorgestern abschnitten, war nicht ganz so umfangreich. Das heißt, eigentlich war sie es ursprünglich schon, aber wir hatten sie ein paar Tage zu spät geerntet. Übrig geblieben waren nur etwa 20 Stück. Den Rest hatten sich schon die Vögel geholt, die sich scheint‘s in unserem Garten besser auskennen, als wir. Bananendiebe, elendige. Dabei fällt mir wieder ein Ratschlag ein, den uns die Tropen-Veteranen anfangs gegeben hatten, wenn es darum ging, was man essen kann und was nicht: Cook it, peel it, or forget it. Hätte nicht gedacht, dass dieser Tipp auch mal in Deutschland wertvoll sein könnte.