Kaum weg, breche ich mein Versprechen, nichts mehr zu schreiben und schreibe doch wieder. Nur diesmal nicht aus Accra, sondern aus London, wo ich nach meinem Abschied aus Ghana erst einmal hingeflogen bin. Dort erwartete ich mitteleuropäische Perfektion, Pünktlichkeit, Ordentlichkeit und Verlässlichkeit. An jedem anderen Tag wäre das wahrscheinlich auch so. Nur heute nicht, denn in London streiken die öffentlichen Verkehrsbetriebe. Und gleich fühle ich mich wie zuhause.
Es hätte einen Zug geben sollen, der mich direkt und in 20 Minuten fast bis an mein Hotel bringt. Den gibt es aber heute nicht, dafür einen Streikposten am Terminal 5 des Heathrow Airport, der mir mit einer sehr vertrauten Lätschigkeit eher nicht sagt, wie ich nach London komme. Gegenüber ist glücklicherweise ein Airport Info-Stand, und die Leute dort sind wesentlich williger.
Also nehme ich statt des direkten Expresszuges einen mit Umsteigen und stehe nach etwa 15 Minuten am Bahnhof Paddington. Dort wartet, mangels U-Bahnen, eine komplette Kleinstadt an der Haltestelle, und wartet auf die Linie 205, die auch mich weiterbringen würde.
Der erste Bus kommt nach zehn Minuten, ich verpasse ihn, weil ich nicht rechtzeitig an den Ticketautomaten gelange. Selbst wenn, hätte es mir auch nichts genutzt, da man dort genau abgezählte Münzen braucht, ich aber nur Scheine habe. Es gibt keinen Wechselautomaten, also gehe ich gegenüber in eine Bagelshop, um zu wechseln. Die Verkäuferin ist ganz verzweifelt, weil auf diese Idee vor mir schon die wartende Kleinstadt gekommen war. Also konsumiere ich etwas und bekomme meine dicken, kleinen Pfund-Münzen.
Der zweite Bus, etwa 20 Minuten später, hält so weit von mir entfernt, dass ich es mit zwei großen Koffern an den Händen und zwei schweren Taschen um den Hals einfach nicht schaffe, mich durchzudrängeln. Ich fühle mich wie sich ein Rollstuhlfahrer im Schlussverkauf fühlen muss.
Der dritte Bus, wieder 20 Minuten später, hält mit der Türe direkt vor mir. Doch noch mein Glückstag, denke ich. Doch dann winkt ihn ein Polizist weiter nach vorne, damit die anderen 10 Busse, die nun auf einmal eintreffen, auch Platz haben. Die Türe fährt also weg, und ich und 50 andere, die sich auch schon als Sieger gefühlt hatten, stöhnen verzweifelt. Der Bus füllt sich, ich stehe wie eingemauert, unmöglich, mich zu bewegen.
Ich gebe auf, überquere die Straße und drehe mich gerade um, als ein Taxi direkt vor mir hält und einen Fahrgast auslädt. Ich springe hinein, soweit man mit ca. 60 Kilo Gepäck an Händen und Hals springen kann. Dann wird alles gut, nur dass der Taxifahrer erst furchtbar auf die Gewerkschaften schimpft und dann, als ich ihm die Adresse meines eher billigen Hotels näher erkläre, meint, das sei aber keine sehr sichere Gegend. Dabei lerne ich ein paar schöne neue Worte wie iffy = zweifelhaft, dodgy = zwielichtig und dann noch have your wits about you = einen kühlen Kopf bewahren.
Das kann lustig werden.