Es ist mal wieder soweit. Treue Leser dieses Blogs kennen die Geschichten schon, wie ich in Ghana eins ums andere Mal von der Polizei angehalten wurde. Danach immer großes Drama mit oskar-reifem Schauspiel. Lug und Trug auf beiden Seiten. Bisher war mir das in Kenia erspart geblieben. Heute also Premiere. Vorhang auf für ein neues Kapitel aus dem Ratgeber: Vom Umgang mit der Staatsgewalt in subtropischen Ländern.
Natürlich bin ich an der Sache nicht unschuldig. Mein Auto ist nicht versichert. Jedenfalls scheint es dem Verkehrspolizisten so, der gegen Mittag aus reiner Langeweile den Aufkleber auf der Windschutzscheibe betrachtet. Die Versicherung sei seit April abgelaufen, teilt er mir durchs Fenster mit. Ich steige aus und schaue nach. Er hat recht. Ich Depp.
Ich solle mal da drüber parken. Ich parke. Er meint, es gäbe jetzt zwei Möglichkeiten. Entweder das Auto würde abgeschleppt werden. So weit plausibel, schließlich ist es ja nicht versichert. Oder wir würden gemeinsam auf die Wache fahren und dort alles weitere sehen. Ich will lieber alles Weitere sehen. Also steigt er ein, und wir fahren hin.
Während der Fahrt klärt er mich auf. Also, das liefe jetzt so: Ich würde gegen Quittung erst einmal etwa 50 Euro Kaution hinterlegen. Am nächsten Tag müsste ich dann zum Verkehrsgericht. Dort würde ich gestehen, wonach dann die Strafe festgelegt werden würde. Da will ich doch erst einmal telefonieren. Im Büro meiner Frau arbeitet ein Sicherheitsbeauftragter. Den rufe ich an. Er bestätigt die ganze Angelegenheit. Das sei das Verfahren.
Nachdem das also klar ist, füllen wir gemeinsam einen Zettel aus, ich zahle die 50 Euro. Was jetzt mit dem Auto wäre? Das müsste ich jetzt erst einmal hierlassen. Erst wenn ich Versicherungsschutz nachweise könne, dürfte ich es wieder abholen.
Ab hier Telegrammstil:
Erst Taxi bestellt. Dann Büro angerufen. Brauche Versicherung. Versicherungsgesellschaft am anderen Ende der Stadt. Fahre mit Taxi hin. Hole Aufkleber ab. Erfahre dabei, dass Auto immer versichert war. Aufkleber lag da seit Monaten. Hätte ihn nur abholen müssen. Versicherungsmaklerin sagt, die Versicherungspolice würde das auch bestätigen. Will Police mitnehmen. Geht nicht, liegt im Büro der Versicherung, sie sei nur Makler. Es täte ihr ja außerdem sehr leid, was mir da passiert. Der Polizist wolle halt ein bisschen Geld.
Mit Taxi weiter zu Versicherungsgesellschaft. Die Zeit fliegt, es ist schon drei Uhr. Renne drei Stockwerke hoch. Freundlicher Herr von Versicherung hat Police. Erklärt mir alles haarklein. Auf Seite 8 stehen Versicherungsbeginn und -ende. Meint, damit sei ja das Vergehen eigentlich vom Tisch. Frage, ob er meint, dass der Polizist jetzt vielleicht seine Anzeige zurückzieht. Nein, das glaube er nicht. Der wolle halt einfach ein bisschen Geld.
Mit dem Taxi weiter zum der Verkehrskreisel, wo mich der Polizist abgefangen hatte. Zwar haben wir das Auto auf der Wache abgestellt. Er hat die Schüssel aber mitgenommen. Das sei sicherer, sagte er. Erzähle dem Taxifahrer die Sache. Oh, dieses Kenia, sagt er. Früher sei er Matatu-Fahrer gewesen (das sind die Kleinbusse, die hier den Nahverkehr übernehmen). Da wäre er ständig vor Gericht gewesen. Das sei zwar eine reine Formsache. Ich sollte aber doch den ganzen Tag einplanen.
Wenn ich wollte, könnte ich das dort aber auch hinbiegen. Ich könnte zum Beispiel einfach nicht hingehen. Dann verfiele zwar meine Kaution, aber finden würden die mich nie. Das finde ich riskant. Er hat aber noch eine Idee. Einfach dem Sachbearbeiter im Gericht ein Scheinchen rüberschieben. Der würde dann die Anzeige aus Ordner fischen, zerreißen und in den Papierkorb werfen. Ganz einfach: Keine Kopie, keine Anzeige, keine Strafe, keine Wartezeit. Die wollten halt einfach ein bisschen Geld.
Lehne ab. Sage, ich möchte auch mal ein Gericht von innen sehen. Wir erreichen den Verkehrskreisel um vier Uhr. Dort steht der Polizist. Ich erzähle ihm die ganze Geschichte, zeige die Dokumente. Das sei ja alles sehr schön. Ich müsste aber dennoch zum Gericht. Nur weil ich den Aufkleber nicht am Auto hatte? Ja, nur deswegen. Er gibt mir meinen Autoschlüssel wieder. Steige ins Taxi. Wir fahren zur Wache. Taxifahrer schüttelt den Kopf. Die Polizisten würden aber auch immer komplizierter. Naja. Der wollte halt einfach ein bisschen Geld.
Schaltet auch morgen wieder ein für Folge 2, diesmal direkt aus dem Gerichtssaal.