Der Tag, an dem die Butter starb. Irgendwann in den 70ern stand ich an einer Haltestelle und wartete auf den Bus. Gelangweilt schaute ich in die Auslage eines Zeitungskiosks. Ein Magazin titelte sinngemäß: “Butter böse, Margarine gut”. Seitdem ist Streit zwischen den beiden Brotaufstrichen. Dabei ist die Lösung so einfach. Kenia macht es uns vor – und schafft die Butter einfach ab.
Wie schon vor ein paar Tagen erzählt, gibt es seit etwa acht Wochen keine Butter mehr. Zwei Fragen drängen sich auf. Erstens, warum nicht? Zweitens, wie ersetzt man sie am besten? Die erste Frage lässt sich wieder einmal schwer beantworten. Frage den Verkäufer im Supermarkt. Antwort, es gebe nicht genug Milch. Blick ins Milchregal. Voll mit etwa 1000 Litern. Hinweis an den Verkäufer, da sei doch Milch. Naja, dann wisse er es auch nicht.
Es soll keine Milch mehr geben, weil es zu wenig geregnet habe, was das Futter verknappt, weshalb die Kühe nichts mehr produzieren. Dabei ist klimatisch gesehen hier alles wie immer. Im November und Dezember hat es ständig geregnet, dann war es monatelang trocken, und sei Anfang April schüttet es wieder täglich. Das ist immer so. Kein Grund für die Kühe, sich jetzt anzustellen.
Sowieso seltsam: Vorher gab es nicht nur lokale, sondern auch importierte Butter. Auch die ist jetzt weg. Noch seltsamer: Manche Läden haben Butter im Regal, wie beispielsweise der vielgelobte kleine indische Supermarkt. Fassungslos stand ich letztens vor einer halben Palette Butter in 400 Gramm Packungen. Schnell wie eine Kobra griff ich mir zwei. Die indische Hausfrau neben mir auch. Genau wie die Italienerin hinter ihr.
Nun zur zweiten Frage. Wie kann Butter ersetzt werden? Durch Margarine vielleicht? Ja und nein. Als Brotaufstrich finde ich Margarine ok, E. lehnt sie hingegen ab. Schlimmer wird’s beim Backen, besonders dann, wenn noch weitere Zutaten fehlen. Versucht mal Käsekuchen ohne Quark und Butter zu backen. Ein Optimist im Internet lobte Margarine und Joghurt. Habe es versucht. Ergebnis: Geschmack gut, Konsistenz etwa wie Badelatschen.
Gestern im Gemüseladen im Augenwinkel das Kühlregal. Eigentlich schaue ich schon gar nicht mehr richtig hin. Lohnt sich ja nicht. Aber mein Unterbewusstsein schlägt Alarm. Dort stapelt sich Butter aus Dänemark. Zum doppelten Preis wie vor acht Wochen. Ich greife zu, nehme wieder zwei, nicht nur für uns, sondern auch für andere. Wir Butter-Junkies müssen zusammenhalten.
Blog-Kollege Hirbod und seine Frau D. sind nämlich nach zwei Wochen wieder aus dem Urlaub zurückgekehrt. Davor hatten sie uns ihre übrige Butter in einer Plastikdose überreicht. Es war bei einem Workshop, und vergesslich wie ich bin, ließ ich die Butter dort stehen. Eine Teilnehmerin nahm die herrenlose Dose an sich, packte sie in den Kühlschrank in ihrem Büro und schrieb mir eine Mail, ich könne sie dort abholen.
Nun plagt mich das schlechte Gewissen. Natürlich nahmen Hirbod und ich an, die Butter-Krise würde bei seiner Rückkehr überwunden sein. Sonst hätte ich seine Butter nie angenommen, sondern ihm geraten, sie einzufrieren. Also werde ich eines der erbeuteten Butterstücke nehmen, eine Schleife herumbinden und ihm die Kostbarkeit bei nächster Gelegenheit überreichen. Aber bitte nichts verraten. Es soll eine Überraschung werden.