Nach dem Besuch des Flohmarkts der deutschen Kirchengemeinde Nairobi waren wir um verschiedene Dinge reicher geworden, die ansonsten hier schlecht zu bekommen sind: Ein Kinderwagen der mir unbekannten Marke Emmaljunga, was nichts heißen soll, da ich überhaupt keine Kinderwagen-Marken kenne, eine große Kiste Lego Duplo und ein paar abgelegte deutschsprachige Kinderbücher.
Wie das mit Flohmarktfunden so ist, weiß man erst zuhause, ob der Fang gut oder schlecht war. Das ist jetzt dahingeplappert, weil ich nicht nur keine Ahnung von Kinderwagen habe, sondern auch nie auf Flohmärkte gehe und deshalb einräumen muss, überhaupt nicht zu wissen, wie das mit Flohmarktfunden so ist. Nun aber stellten wir folgendes fest:
A) Emmaljunga ist ein schwedischer Hersteller von Premiumfahrzeugen, wie man bei Autos sagen würde, und das Gefährt würde neu so viel kosten wie ein guter Satz 17-Zoll Leichtmetallfelgen oder ein sehr billiger Gebrauchtwagen, um dem Vergleich mit den Autos treu zu bleiben.
B) Lego wird umso lustiger, je mehr Überreste einstiger Themen-Sets sich bunt gemischt in der Kiste befinden. So kann man nicht nur – nein – man muss sogar das Indianer-Set mit dem Feuerwehr-Set kombinieren und eventuell noch eine Prise Flugzeug-Hangar und Bauernhof hinzufügen. Unsere Geschichten, in denen sich Apachen, Piloten und Brandmeister Gute Nacht sagen, spielen nun vor einem Hintergrund aus nicht zuordenbaren Mauerresten mit rosa Ziegelimitaten an deren Fundamenten Kühe neben Eisbären grasen.
C) Das Buch „Hasenmotor kostet nix“, aus der Schnuddel-Reihe von Janosch barg etliche Überraschungen. Zum Beispiel die, dass ich dem jugendlichen Verkäufer hier in Nairobi tatsächlich mehr dafür gezahlt habe, als die 0.80 Euro, die das Buch aus dem Jahr 1990 gebraucht auf Amazon kostet.
Dann, dass ich nun doch ein Janosch Buch in der Hand hielt, was zu vermeiden mir bisher sehr gut gelungen war. Einerseits, weil ich ja bisher kein Kind hatte, dem ich die Geschichten hätte vorlesen können. Andererseits, weil mir dieses an Irrsinn grenzende Janosch-Merchandising schon immer auf die Nerven ging. Durch den bloßen Aufdruck eines gestreiften Tieres werden Sonnen-Rollos, Mini-Eimer-Sets oder Fahrradkörbe saftig preiserhöht ins Janosch-Imperium eingegliedert. Da lobe ich mir den verehrten Bill Waterson, Schöpfer von „Calvin und Hobbes“, der diese Geldmacherei für seine Figuren immer abgelehnt hat.
Das eigentlich wirklich bemerkenswerte am Janosch-Buch bemerkte ich erst heute Morgen, als die kleine B. und ich es erstmals gemeinsam lasen. Sie hatte mal wieder einen dieser Infekte mit einem Fieber, das uns Eltern tiefe Sorgenfalten ins Gesicht furcht, während Kleinkind immer noch fröhlich vom Sofa auf den Sessel und wieder zurück springt und dabei im Flug „Backe backe Kuchen“ singt.
Wir lasen also das Janosch-Buch, und die kleine B. fragte eins ums andere Mal, während sie mit dem Finger auf die Seiten deutetet: „Dassa?“. Da das Dassa „Das da?“* heißen soll, antwortete ich mit besonderer Betonung auf die beiden ersten Worte „DAS DA ist ein Fahrrad.“ Eine Seite später, an deren unterem Rand eine Ente Ziehharmonika spielt (Dassa?), fragt oben im Text der Hase Rudi: „Issas ein Fahrrad.“ Das „Issas“ hat jemand handschriftlich korrigiert. Es heißt jetzt „Ist das“.
Nun frage ich mich, wiefinnichnas, warumnsowas, und: wer hannasvabessad? War es etwa der kleine, zirka achtjährige Besserwisser selbst? Oder seine bemühten Eltern, die ihn vielleicht schon vor fünf Jahren für den ersten Chinesischkurs und das zweite juristische Staatsexamen angemeldet haben? Oder ist das ein besonderer Gag des Autors und seines Verlags? Und wenn nicht, wird diese Stelle – und auch das „hassu“ auf der Seite davor – aufgrund wütender Proteste von Eltern in der nächsten Aufgabe verbessert?
Egal wer, wie und warum, ich werde ab jetzt öfter auf Flohmärkte gehen.
* Dada?