Das wird jetzt nicht einfach. Schon höre ich das Stöhnen anderer Väter und Mütter: Gott, wie können die das ihrem Kind nur anziehen. Danke, gleichfalls! Außerdem: Darum geht es hier auch gar nicht. Schließlich bin ich kein Fashion-Blogger. Es geht einfach nur darum, wie man hier in Nairobi an gute Kinderklamotten kommt.
Schritt 1
Ausflug in die Biashara Rd., mitten im Business District von Nairobi. Eigentlich gehe ich da nicht mehr hin, seit dem Jahrhundertstau von 2013 (der sich täglich wiederholt), als ich eine Stunde brauchte, nur um einen Parkplatz verlassen zu dürfen, eine weitere bis zur nächsten, etwa 50 Meter entfernten Kreuzung, dann noch einmal 45 Minuten bis zu nächsten, danach ging es etwas flotter. Doch dort befindet sich nun einmal jene Straße, in der sich ein Babyshop an den anderen reiht. Die Shops sind samt und sonders in der Hand indischer Kaufleute, deren Geschmack wir nicht unbedingt teilen. Die Erstausstattung der kleinen B. stammt tatsächlich von dort. Danach, wie gesagt, Geschmacksprobleme und Jahrhundertstau.
Schritt 2
Die Malls in Nairobi. Was in Deutschland – und wahrscheinlich auch anderen europäischen Ländern – ein bejammernswerter Trend ist, nämlich die immer gleichen Läden in den Einkaufszonen, das haben wir hier schon innerhalb von Nairobi. Jeder Stadtteil hat mittlerweile ein oder zwei Malls, doch die Geschäfte sind immer die gleichen. Kennt man einen Babyshop, kennt man alle. Überdies scheinen sie alle ein dementes Management zu haben. Denn auch in der “Cold Season”, während der es Abends mit 12 Grad etwas frisch sein kann, gibt es dort kaum warme Sachen zu kaufen. Zwei etwas exklusivere Boutiquen will ich nicht verschweigen, aber dort bewegt sich die Kindermode preislich in Regionen für gut betuchte Erwachsene.
Schritt 3
Der Toy Market in der Nähe der Ngong Road. Endlich haben wir einen guten Grund, ihn zu besuchen. Dem Hörensagen nach soll es dort jede Menge günstige und gute Kinderkleidung geben. Eines Morgens, E. ist im Büro, machen Haushälterin Rose, die kleine B. und ich uns auf den Weg. Wir parken an einer Tankstelle, nachdem wir von den Wächtern eines nahegelegenen Supermarkts verscheucht wurden (Motto: Parken nur für Kunden) und gehen 100 Meter, bis links und rechts der Straße lange Reihen von Buden stehen.
Schon bei der zweiten Bude eilt ein geschäftstüchtiger Anwerber auf uns zu. Kindermode? Bitte hier entlang. Das Geschäft von der Größe dreier IXI-Klos besteht aus drei Kleiderhaufen: Jacken, Hosen und Oberteile. Die Verkäuferin reißt im Akkord Klamotten vom Stapel und drückt sie mir in die Hand. Ich sage im selben Rhythmus: “nein – nein – vielleicht – nein – ja – ja – nein” und so weiter. Nach zehn Minuten haben wir drei Stapel. Rose und ich prüfen noch einmal die Stapel “Ja” und “Vielleicht”, diskutieren, wollen Anprobieren, was die kleine B. lauthals verweigert, verwerfen das eine oder andere, zahlen, gehen.
Am Straßenende, auf dem Weg zum Auto, verkaufen ein paar Jungs haufenweise Crocs von einem Tisch. In Kauflaune schlagen wir zu. Zuhause stelle ich fest: nicht nur die Crocs, alles andere ist auch Markenware. Vermutlich frisch aus dem Rot-Kreuz-Sammelcontainer, oder so, aus England: Baby Gap, Dunnes stammt aus Irland und Old Navy, das zu Gap gehört. Alles ist 1A, keine Fussel, keine Flecken, keine Löcher.
Wieder dem Hörensagen nach kommen die Kleider in Nairobi auf dem Gikomba Markt an und werden dort en gros an Wiederverkäufer oder Endkunden weiterverkauft. Dieser Handel wird in Europa kritisiert, da er die Kleiderindustrie in Afrika zerstören soll. Ich kenne einige Schneider, die Schuluniformen, Arbeitskleidung, Anzüge und Hochzeitskleider nähen, von ganz billig bis sehr teuer. Die paar Läden für Neuware, die ich kenne, haben nur Kleidung made in China oder Bangladesh im Angebot, genau wie die in den deutschen Fußgängerzonen.
Allerdings sind die Sachen hier meist scheußlich, von mieser Qualität und völlig überteuert. Leute wie Rose, Collins, unser Tagwächter oder Nathan, der Nachfolger unseres verstorbenen Gärtners Leonard, würden dort nie einkaufen. Sie sind froh über die günstigen und guten Klamotten, die die Europäer in meist perfektem Zustand in die Tonne treten. Und wir freuen uns jetzt auch.