Unlängst stand ich in der Küche und machte mal wieder Frühstück (Fans dieses Blogs werden sich vielleicht an die Geschichte erinnern, wie man aus Kaffee und Toast eine Case Study zu Prozessoptimierung machen kann). Jedenfalls schob ich zwei Stücke Brot in die Toaster und drückte ab. Kurz darauf begann mein Unterbewusstsein laut Jingle Bells zu gröhlen, und ich dachte, ja is’ denn jetz’ scho’ Weihnachten? Und das alles wegen selbstgebackenen Brotes.
Kochrezepte. Niemals hätte ich gedacht, eines Tages öffentlich über Kochrezepte, oder, wie in diesem Fall, Backrezepte sprechen zu wollen. Doch es muss sein und ist vielleicht nur ein weiterer Beweis dafür, dass das Leben als First Lady zu gewissen Persönlichkeitsveränderungen führt.
In einem Kochbuch namens “African Kitchen”, das ich in Ghanas einzig so zu nennender Shopping Mall erstanden hatte, befinden sich auch Rezepte für Brot. Dem Deutschen im Ausland ist es ja bekanntlich zu Eigen, über die Abwesenheit guten Brotes zu meckern. Mit “geschmacksfreie Weißpappe” und ähnlichen Liebkosungen schmähen wir das, was Millionen, ach, was sage ich, Milliarden anderer sich mit Freude täglich auf die Zunge legen.
Aber so sind wir halt nun mal, und deshalb habe ich irgendwann begonnen, selbst Brot zu backen. Wenn man erst einmal geeignetes Mehl gefunden hat, beginnen die eigenen Backkreationen nach und nach sogar weniger wie Backsteine, sondern tatsächlich wie Brote zu schmecken.
Eines der Rezepte in diesem Kochbuch heißt Äthiopisches Honigbrot. Auf der langweiligen Seite besteht es aus Mehl, Milch, Butter und Hefe. Auf der interessanteren Seite versammeln sich Ei, frisch gemörserter Koriander, Zimt, Nelken, Honig und Salz in der Schüssel. Früher oder später kommt alles zusammen und wird nach den üblichen Knet- und Ruhephasen für den Hefeteig (erinnert entfernt an Besuche im Wellness-Center) bei 150 Grad gebacken.
So entstand also jenes Brot, das seine geheimnisvolle Wirkung zunächst noch nicht zeigen wollte. Am nächsten Morgen schob ich zwei Scheiben davon in den Toaster und wendete mich wieder dem Milchaufschäumen zu. Auf einmal fing ich an, über Weihnachten nachzudenken: Zimtsterne, Stollen, Lebkuchen. Zugleich roch ich etwas sehr leckeres, erst schwach, dann immer deutlicher. Nach einer Weile trafen sich Geruchsinn und Gedanken zu einem kollegialen Austausch und legten eine Erforschung des Phänomens nahe.
Das Brot im Toaster war es, das durch die Wärme ein unglaubliches Knusperhäuschenaroma entfaltete. Schon glaubte ich, in der Ferne hinter dem Küchenfenster Hänsel und Gretel zu erblicken. Dann klackte der Toast, der Zauber verflog. Nicht ganz. Als ich Butter und Marmelade draufschmierte und einen Bissen nahm, fingen die Geschmackspapillen auf meiner Zunge an, Pogo um den Weihnachtsbaum zu tanzen.