Kenia führt seit sechs Wochen Krieg gegen den Terror in Somalia. Seitdem wissen wir, wie es ist, täglich in der Zeitung mit Frontberichten versorgt zu werden. Alles begann recht heroisch. Eingehend wurden die Truppen und ihr Waffenarsenal vorgestellt. Die großen Tageszeitungen meldeten Sieg um Sieg. Schon schien es, als gelänge den kenianischen Greenhorns, was den hartgesottenen US-Marines einige Jahre zuvor nicht gelingen wollte. Seit ein paar Tagen wird der Jubel aber leiser.
Noch vor zwei Wochen erstreckten sich Bilder und Geschichten über den siegreichen Vormarsch seitenweise in den Zeitungen. Genüsslich wurden die getöteten Terroristen aufgezählt, die jubelnde somalische Bevölkerung gezeigt. Darüber prangte immer ein eigens erschaffenes Logo mit einem stilisierten Panzer und dem Slogan „War on Terror“.
Heute, am 1. Dezember, also sechs Wochen nach Kriegsbeginn, ist davon nicht mehr viel übrig geblieben. In der größten Zeitung ist es noch ein viertelseitiger Artikel, das Logo ist verschwunden. In der zweitgrößten Zeitung ist das Logo noch da, doch in dem Artikel darunter geht es nicht mehr um die militärische Operation, sondern darum, was Somalia nun mit seinen Flüchtlingen aus der Kriegsregion nun anfangen will.
Deutlich nach 1945 geboren, ist es mir bisher erspart geblieben, in einem kriegführenden Land zu leben. Auch wenn seit einigen Jahren deutsche Soldaten an den Brennpunkten der Welt mit dabei sind, haben die deutschen Medien weniger gejubelt, als kritisiert. Nun sitze ich mitten drin, und es ist interessant zu beobachten, wie sich Innen- und Außenansicht unterscheiden.
Während die kenianischen Medien und auch der Sprecher der kenianischen Armee, Major Chirchir, fleißig Siegesmeldungen druckten und twitterten, blieb es in den deutschen Medien zunächst erstaunlich ruhig. Einige Wochen zuvor hatten sich die Nachrichten zum Hunger am Horn noch überschlagen. Dass nun eben dort ein Krieg ausgebrochen war, schien keine größere Meldung wert zu sein.
Immerhin hätte man sich fragen können, wie Hilfslieferungen und Spenden mit einem sehr teuren Krieg zusammenpassen. Noch gibt es keine Preissuchmaschinen, die neben Kaffee, Computern oder Kühlschränken auch zeigen, wie viel ein Schuss aus einer Panzerkanone oder eine Flugstunde mit dem Hubschrauber kostet. Billig ist es sicherlich nicht. 600 Millionen US-Dollar haben die Kenianer schon 2009 für ihr Militär ausgegeben. Jetzt wird es wohl etwas teurer werden.
Erst vor ein paar Tagen meldete sich Spiegel Online zu Wort und berichtete, die Kenianer würden sich im somalischen Morast blamieren. Und zwar so richtig. Statt feindlichen Schnellbooten seien Fischerboote versenkt worden, seien Helikopter abgestürzt und Lastwagen könnten wegen Matsch nicht mehr fahren.
Tatsächlich hatte der Vormarsch zu Beginn der hiesigen kleinen Regenzeit begonnen, die schon längst hätte enden sollen. Zum Unglück der kenianischen Strategen dauert sie aber an. Es regnet seit Mitte Oktober täglich in so großen Mengen, dass der Verkehrskreisel in unserem Stadtteil sich regelmäßig in ein Freibad verwandelt und in unserem Garten schon wieder ein Baum umgefallen ist, dessen Wurzeln im nassen Boden keinen Halt mehr fanden.
Mittlerweile haben die Somalier noch weitere ungebetene Gäste im Land. Auch die Äthiopier sind wieder da, die es schon 2006 versucht hatten und dabei kläglich gescheitert waren. Helden unter sich. Und was sagt der kenianische Stammtisch, der Mann auf der Straße zum Krieg gegen den Terror? „Blödsinn“, da sind sich fast alle einig, „das können die doch gar nicht“, und: „wer bezahlt das eigentlich?“. Nur ein Taxifahrer meinte vor ein paar Wochen, es sei schon gut, die Terroristen mal ordentlich zu verdreschen.
Die Leute haben aber auch andere Probleme. Die Preise für Zucker, Mais, Benzin und Gas sind innerhalb der vergangenen Monate enorm gestiegen, zum Teil haben sie sich verdoppelt. Ach ja, und der Wahlkampf hat begonnen. Zwei der Kandidaten werden vom International Gerichtshof in Den Haag verdächtigt, bei der letzten Wahl 2007 die Unruhen geschürt zu haben, die zu über 1200 Toten führten.
Auf einer Party erzählte mir jüngst ein etwas angeheiterter Gast, dass seine Party bei der nächsten Wahl auf jeden Fall gewinnen würde. Und wenn nicht, meinte er grinsend, hätte er ja immer noch die AK47 im Schrank. Das sind Aussichten. Wen kümmert es da, ob kenianischen Soldaten noch eine Weile im Matsch Krieg spielen.