Da ich von Natur aus nicht Teflon-beschichtet bin und bei mir der Dampfkessel in der Espressomaschine steckt und nicht knapp unterhalb der Stimmbänder, bin ich kein Politiker geworden. Eine Stellenanzeige in der größten kenianischen Tageszeitung hat mich jetzt aber nachdenklich werden lassen. Gesucht werden ein Präsident, ein Gouverneur, ein Senator und andere, Interessenten bitte per Mail melden. Also, wenn das so einfach ist…
Allen Bildungsmuffeln sei gesagt: Zeitunglesen lohnt sich wieder. Was für Karriereaussichten das sind! Von der männlichen First Lady zu höheren Weihen, und das per Stellenanzeige. Keine Vertrödeln der Teenager-Jahre in Jugendorganisationen, kein Wassertragen für eingedickte Platzhirsche, kein Ellbogen-Kung Fu auf dem Weg die Leiter hoch.
Einfach nur sagen: Ja, ich will. Auch werden Minderheiten bei der Einstellung bevorzugt. Als Deutscher in Kenia qualifiziere ich mich hier sicherlich bestens.
Was tut der hoffnungsvolle Aspirant heutzutage als erstes, wenn er eine Stellenanzeige sieht? Er checkt die Webseite, um sich einen Eindruck zu verschaffen. Schade, dass die Webseite der Partei offline ist, mindestens seitdem die Anzeige am vergangenen Freitag erschienen ist. Vielleicht sollten sie nebenbei auch einen Web-Administrator suchen.
Die Partei scheint die Sache ohnehin locker anzugehen. Die Wahlen sind im März nächsten Jahres. Der Wahlkampf läuft seit Monaten auf vollen Touren. Bewerber anderer Parteien haben mittlerweile schon hunderttausende von Facebook-Likes gesammelt. Und hier wird der Kandidat erst per Mitte Oktober gesucht. Vielleicht ist das ja die Strategie: Die anderen sind schon müde, wenn der neue Wettbewerber völlig ausgeruht bei Kilometer 41 in den Marathon einsteigt.
Ich habe mich jedenfalls schon einmal auf die klassischen Fragen im Bewerbungsgespräch vorbereitet.
Was sind ihre größten Stärken und Schwächen?
Ein Präsident ist per se stark und nicht schwach. Andernfalls stimmt da was mit Ihrer Verfassung nicht.
Was war bisher Ihre größte Herausforderung?
Die Webseite der Partei aufzurufen.
Warum haben Sie sich auf diese Stelle beworben?
Weil ich die Staus in Nairobi satt habe und für den Präsidenten der Weg immer frei gemacht wird.
Warum sollten wir gerade Sie nehmen?
Werden Sie mal nicht frech!
Welches waren Ihre größten beruflichen Erfolge und Misserfolge?
Kann mich nicht erinnern, ist zu lange her.
Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?
Auf dem Präsidentenstuhl, wo sonst?
Haben Sie noch Fragen?
Ja, wo kann ich mein Foto für die Wahlkampfwerbung abgeben?
Am 5. März 2013 wissen wir mehr.