Wintergedicht im Klimacheck

Sitze am Tisch, trage T-Shirt, darüber Hemd und Sweatshirt. Meine Füße frieren, vergeblich wärme ich meine Hände an der Kaffeetasse. Es ist kalt, richtig kalt. Der Wächter trägt den ganzen Tag Wollmütze, die Katze jammert noch mehr als sonst. Ich mache mir ein Feuer im Kamin, es prasselt laut – und stinkt ein wenig, der Schornstein zieht schlecht. Bei all dem wird mir ganz winterlich zumute. Ob man auch in den Tropen, direkt auf dem Äquator, deutsche Wintergedichte genießen kann? Hier nun der – vermutlich erste – cross-klimatische Gedichte-Check der Welt.

Altes Kaminstück

Von Heinrich Heine

 

Original-Gedicht Im Klimacheck
Draußen ziehen weiße Flocken Nein, außer ich rechne die weißen Ibisse mit ein, die eben massenweise vorbeifliegen.
Durch die Nacht, der Sturm ist laut; Leider nein, in der kalten Jahreszeit stürmt es wenig. Nur die Ibisse machen richtig Lärm, wenn sie mit dem Vorbeifliegen fertig sind und sich auf ihren Baum gesetzt haben.
Hier im Stübchen ist es trocken, Stimmt, sogar im Schlafzimmer, aber nicht, weil das Dach geflickt wurde, sondern weil die Regenzeit vorbei ist.
Warm und einsam, stillvertraut. Sagen wir mal, zunehmend warm und auch vertraut, wenn auch wieder weniger seit vor ein paar Tagen beim Nachbarn eingebrochen wurde.
 
Sinnend sitz ich auf dem Sessel, Stuhl, aber sonst kommt es hin, sehr sogar.
An dem knisternden Kamin, Ja, und versuche mit dem Hausschuh die Funken abzufangen, bevor sie wie kleine Meteroriten auf dem Teppich einschlagen.
Kochend summt der Wasserkessel Ersetze Wasserkessel durch Espressomaschine, dann ja.
Längst verklungne Melodien. Sagen wir, die Maschine röchelt und prustet sie, die Melodien.
 
Und ein Kätzchen sitzt daneben, Würde es gerne, es schaut immerhin durchs Fenster zu mir herein.
Wärmt die Pfötchen an der Glut; Wärmt den Hintern in der Petersilie im Kräutergarten.
Und die Flammen schweben, weben, Mit etwas Phantasie, ja.
Wundersam wird mir zu Mut. Das auf jeden Fall, war es mir eigentlich vorher schon, wahrscheinlich wegen des schlecht ziehenden Kamins.

 

Auswertung
In 8 von 12 Zeilen des Gedichts kann ich zustimmen. Das Gedicht ist tropen-kompatibel. Im Umkehrschluss herrscht zu rund 66 Prozent Winter in Nairobi. Was Heinrich nicht erwähnt, ist die frühe Dämmerung. Heute, bei tief wolkenverhangenem Himmel, schien es nie richtig Tag zu werden. Ganz wie Winter in Deutschland.

Und nun zurück an den Kamin.