Dienstag ist normalerweise ein ganz normaler Tag in Nairobi. Wenn ich nicht in die Innenstadt fahre, sondern mich durch die Vororte Richtung Shopping Mall schleiche, ist auch das Autofahren nicht besonders aufregend. Deshalb dachte ich mir nichts dabei, als ich am vergangenen Dienstagabend dorthin fuhr, um einzukaufen und mir für später eine Pizza mitzunehmen. Etwa einen Kilometer vor der Einfahrt zum Parkplatz musste ich unerwartet heftig auf die Bremse treten. Hier begann die Schlange der Wartenden.
Stau. Einfach so. Ohne Vorwarnung. Natürlich sind mir solche Dinge auch in Frankfurt passiert. Ich denke nichts Böses und darf plötzlich eine Zwangspause einlegen. In der vertrauten Umgebung beantwortet sich die Frage nach dem Warum meist leicht. Nach Einschalten plaudert das Radio provozierend gut gelaunt über ein blödes Fußballspiel oder ein dämliches Konzert der Rolling Stones, dessen Fans die Innenstadt versperren. Und das straffrei! Gibt es denn keine Gerechtigkeit mehr? Manchmal war es auch der Frankfurt Marathon. Das war ok, die Teilnehmer daran waren schon gestraft genug.
In der Fremde erschließen sich einem diese Zusammenhänge nicht so leicht. In Ghana waren die Staus meist Ergebnis einer Politikerreise, worüber hinterher ausführlich in der Zeitung zu lesen war. Der jeweilige Big Man konnte ja nicht einfach so vom oder zum Flughafen fahren. Nein, für ihn und seine Entourage in einer Kolonne aus schwarzen Wagen musste die ganze Stadt gesperrt werden, gerne auch schon ein oder zwei Stunden vor seiner Durchfahrt. Das gibt es auch hier in Kenia, aber glücklicherweise nicht so oft und, viel wichtiger, nicht in unsere Richtung.
Auch Regen führte in Ghana gerne zum Zusammenbruch des Verkehrs. Ich wunderte mich anfangs immer, wenn einer, der zu einem Termin viel zu spät kam, sich nur mäßig betrübt mit den Worten entschuldigte: „Aber es hat doch geregnet.“ Wie genau Regen dafür sorgt, dass Leute nicht mehr von A nach B kommen, weiß ich nicht. Vermutlich sorgen schlechte Scheibenwischer, schlechte Bremsen, schlechte Beleuchtung und schlechte Fahrer in Kombination mit Nässe aber tatsächlich für Chaos auf den Straßen.
Doch im Moment reiste in Kenia weder ein Politiker, noch gab es ein Konzert, ein Fußballspiel, oder einen Marathon, und es regnete auch nicht. Während ich also halb gelangweilt und halb genervt aus dem Fenster schaute, entdeckte ich eine Menge Schleier. Also, Frauen mit Schleiern um den Kopf und oft auch um den gesamten Körper. An sich ist das hier nicht ungewöhnlich, doch waren es einfach auffällig viele. Langsam tastete ich mich nach Vorne, durfte endlich auf den Parkplatz einbiegen und schließlich auch parken.
Ich stieg aus dem Wagen, lief Richtung Mall und tauchte ein in ein Meer aus Männern in langen Gewändern und Jungs mit Kappen, Mädchen mit Schleiern und Frauen mit Umhängen. Wo sonst eine Art Ballermann-Stimmung herrschte und sich die europäischen und amerikanischen Expats gerne schon mal am Samstagvormittag ein bis mehrere Bier genehmigen, lief nun ein Volksfest der ganz anderen Art. Allmählich dämmerte es mir. Es war das Ende des Ramadan.
Das Ende des Fastenmonats ist für Muslime der zweithöchste Feiertag, und das konnte man hier auch sehen. Während die Eltern gemächlich daher schritten, die Auslagen der Läden besahen, rannten die Kleinen ausgelassen die Treppen des Shopping Center rauf und runter, saßen auf ihnen, schauten den anderen beim Rennen zu, aßen Eis, tranken was, telefonierten oder spielten mit ihren Handys. Der Ort hatte sich durch die Menschen völlig verwandelt.
Am anderen Ende der Mall lag das italienische Restaurant, wo es gute Pizza zum mitnehmen gab. Ich bestellte, wartete eine Viertelstunde, schnappte dann meinen Karton und ging zurück zum Auto. Der Plan war, so schnell wie möglich nachhause zu fahren. Daraus wurde natürlich nichts. Ebenso wie das Einparken, dauerte auch das Ausparken endlos: 20 Minuten, um erst einmal vom Parkplatz zu kommen und weitere 30 für die Heimfahrt. Und so kam dieser Beitrag zu seinem Titel.