Der Countdown läuft, Kenia steht vor den Wahlen. Beim letzten Mal, 2007/08, kam es in den Tagen nach der Wahl zu Unruhen, Vertreibungen und Mord. Alle waren erst völlig gelassen und dann überrascht, besonders das Ausland. Jetzt sind alle gar nicht mehr gelassen und wollen nicht mehr überrascht werden, besonders die Ausländer. Die örtlichen Botschaften schicken Krisenberatung per Mail herum, die Organisationen planen Telefonkaskaden, es gibt angeblich sichere Häuser, in die wir im Zweifelsfall fliehen sollen, und Evakuierungspläne.
Das “Sichere Haus”, das uns zugewiesen wurde, ist in unserem Wohngebiet, drei Häuser weiter und sieht genauso wie unseres. Da fühle ich mich gleich besser. Familien verlassen das Land reihenweise, Kollegen nehmen Urlaub, wir bleiben da und gehen erst einmal einkaufen. Vor drei Wochen dachten wir schon einmal, jetzt wird es aber Zeit für unseren Kriseneinkauf. Antizyklisch denken, Dinge erledigen, bevor andere es tun, nicht auf den letzten Drücker handeln. Also besuchten wir lange vor der Wahl den örtlichen Supermarkt und packten den Einkaufswagen mal so richtig voll.
Während wir an der Kasse warteten, schaute ich unauffällig in die anderen Wagen. Hätte gerne so etwas gesagt wie, “na, auch Kriseneinkauf, wie?”, leider waren aber alle Einkaufswagen unverdächtig. Alles wie immer, wobei mir die Einkäufe anderer Leute immer Rätsel aufgeben. Was will der Typ hinter mir mit einem Sixpack Bier, einer Tüte Milch, einer Packung Tampons und einem Gummihammer? Aber was kann ich schon erwarten von einem Kriseneinkauf?
Zufällig stolpere ich über eine Seite, die das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz betreibt. Staune sehr über die empfohlenen Mengen, die nach einer Tabelle dort ein einzelner Mensch für 14 Tage benötigt. Essen wir denn wirklich so viel, z.B. “4,6 Kilogramm Getreideprodukte, Brot und Kartoffeln” oder “5,6 Kilogramm Gemüse und Hackfrüchte”? oder jede Menge Obst in Dosen.
Für einen Moment dachte ich wirklich, Hackfrüchte, sind Früchte, die ich vor Verzehr Hacken muss. Ach, ich Stadtmensch. Es sind Früchte, für die während ihres Wachstums der Boden mehrfach gehackt werden muss, Kartoffeln zum Beispiel.
Vor drei Wochen fuhren wir unseren Kriseneinkauf stolz nachhause. Jetzt kann kommen was will, dachten wir, wir werden uns hinter Säcken voller Hackfrüchte verschanzen und mit Dosenobst werfen, wenn sich jemand unserer Speisekammer nähert.
Seit drei Wochen leben wir auch von diesem Kriseneinkauf. Ich persönlich finde das gut. Als gestresste First Lady und Hausmann muss ich endlich nicht mehr täglich einkaufen. Dumm nur, dass wir schon alles aufgegessen haben. Nun werde ich mit den anderen schlecht Organisierten morgen in der Riesenschlange der Kriseneinkäufer stehen. Gut, dass ich vom letzten Mal den Einkaufszettel aufbewahrt habe.
Ein Tipp, für alle, die nicht befürchten, dass ihr Land ihnen nächste Woche um die Ohren fliegt: Das Ministerium von Frau Aigner empfiehlt generell jedem Haushalt in Deutschland, immer für 14 Tage Lebensmittel im Haus zu haben.