Elektrogeräte auf Entzug

Dass der Strom aussfällt, das kennen wir jetzt schon. Kenia ist da kein bisschen besser als Ghana. Vielleicht sogar noch eine Ecke schlechter. Seit gestern Abend freuen wir uns aber über ein ganz neues Phänomen. Strom? Das schon. Aber leider viel zu wenig. Statt 220 kommen seit Stunden nur noch 130 Volt aus der Leitung und verwandeln das schönste Haus in eine Geisterbahn. 

Gestern am späten Abend packten wir eine der letzten Kisten aus und setzten uns auf einen Snack an den endlich freigeräumten Tisch. Plötzlich wurde uns ganz schummerig. Es lag nicht am Essen, und auch nicht am Wein, sondern an der Glühbirne über unseren Köpfen, die deutlich wegdimmte. Wollte der hauseigene Poltergeist für einen romantischen Abend sorgen? Dazu fehlte aber die passende Musik aus der Hifi-Anlage. Doch die gab keinen Mucks mehr von sich.

Während wir uns noch im Halbdunkel wunderten, krachte und piepte es in der Küche. Ich stürzte hinein und fand mich in einem Horrorfilm wieder. Die Neonröhren, die unsere Vormieter angebracht hatten, blitzten. Der Herd – oben Gas, unten Elektro – blinkte mit seiner Digitaluhr und gab völlig un-herdig ratternde Geräusche von sich. Der Kühlschrank beschwerte sich piepend und blinkend über die elektrische Mangelerscheinung. Wie bei Raumschiff Enterprise: roter Alarm, Schilde hoch, Phaser auf volle Leistung.

Ich sprang nach rechts und schaltete den Herd aus, nach links, um dem Kühlschrank den Stecker zu ziehen. Die Neonröhren funkten wütend, nur eine einzelne genügsame  Energiesparlampe schien unverdrossen vor sich hin. Im Arbeitszimmer hatte ich als Ghana-Veteran bereits ein Gerät installiert, das aus zu wenig oder zu viel Strom genau die richtige Menge mache konnte. Aber nur bis zu einem gewissen Grad, dann gab auch diese Kiste auf und signalisierte statt grün nur noch rot. Auf der Anzeige konnten wir ablesen: Input 130 Volt, Output 200 Volt, fallend.

So blieb es den ganzen Abend, die ganze Nacht und den ganzen Morgen. Ich hatte mich schon daran gewöhnt. Doch nach dem Aufstehen nahm das Drama noch einmal an Härte zu. E. hatte sich die Haare gewaschen und wollte föhnen. Der Föhn jedoch lief wie unterzuckert. Die Luft war handwarm und erreichte auf der Beaufort-Skala für Windgeschwindigkeiten höchstens eine 1. Haare trocknen bekam so die Qualität von Langsamgaren.

Solange konnte E. aber nicht warten. Nach 7 Uhr morgens zählt im Berufsverkehr von Nairobi jede Minute. Wer zu spät kommt, wird mit einem Stau nicht unter einer halben Stunde belohnt, wo der Weg normalerweise fünf Minuten dauert. Ich hatte eigentlich auch etwas arbeiten wollen. Doch der Strom reichte nicht einmal fürs Laptop-Ladegerät, der Internet-Anschluss war auch hinüber. Ach ja, und außerdem war uns vorgestern, in einer regnerischen Nacht, ein Baum aufs Haus gestürzt.

Aber das ist eine andere Geschichte.