Vor ein paar Tagen: Diskussion über Essen diesseits und jenseits der Sahara. Ob ich das hiesige mag? Ich nenne ein paar kenianische Gerichte, die ich gerne esse. Muss dabei nicht einmal höflich schwindeln. Hätte ich notfalls aber. Alle Einheimischen hören gerne, dass dem Fremden das schmeckt, was sie selbst essen. Werde dann gefragt, ob es in Deutschland eigentlich auch diese Pizza vom Arzt gibt. Wie bitte?
Betty, meine kenianische Französischlehrerin, erzählt, dass sie vor ein paar Tagen neben einem großen Supermarkt in Nairobi eine kleine Bude entdeckt hat. Am Dach der Bude ist ein Schild mit dem Namen irgendeines Arztes befestigt. Sie hat sich gewundert, dass Ärzte jetzt neben Supermärkten ihre Praxen eröffnen. Deshalb hat sie sich die kleine Bude aus der Nähe angeschaut. Unter dem großen Schild sah sie ein kleineres auf dem zu lesen war, dass hier Pizza verkauft wird, und zwar die beste aus Europa. Also, schließt sie ihre Erzählung, „esst ihr nun in Deutschland auch Pizza vom Arzt?“
Rückblende: Wir schreiben das Jahr 1890. Ein erfindungsreicher deutscher Apotheker versucht in Bielefeld sein Glück erst mit Fußcreme, dann mit Warzentinktur und schließlich mit Backpulver. Erfunden hat er es nicht selbst, aber marktfähig gemacht.
Ich bin durch Bettys Frage ein wenig verwirrt. Ich kenne keine kleinen Buden, in denen die beste europäische Pizza verkauft wird, weder in Nairobi noch sonst irgendwo. Pizza Hut ist Pizza a la USA und schon deshalb nicht die beste europäische Pizza. Außerdem fehlt hier der Arzt. Drei italienische Restaurants in Nairobi backen gute Pizza, vielleicht nicht die beste europäische, aber immer noch besser als die, die ich bisher in Fastfood-Restaurants gegessen habe. Keines dieser Restaurants erinnert auch nur entfernt an eine Arzt-Praxis.
Rückblende: Wir schreiben das Jahr 1968. Ein italienischer Großbäcker stellt industriell Tiefkühl-Pizzen her. Er beliefert auch die Firma jenes erfindungsreichen deutschen Apothekers, die mittlerweile etwas größer geworden ist.
Wovon redet Betty nur? Sie besteht darauf, es sei ein Arzt mit einem komischen Namen, der Pizza verkauft. Wir lassen das Thema und üben Französisch. Auf dem Heimweg mache ich einen Umweg zu diesem Supermarkt. Parke, steige aus, suche und finde dies:
Rückblende: Obwohl sich die Europäer wirklich richtig Mühe gegeben und 2011 knapp 2,5 Milliarden Fertig-Pizzen verknuspert haben, hat die mittlerweile riesige Firma des Apothekers aus Bielefeld immer noch welche übrig.
Die Kenianer, die es sich leisten können, werden sich vielleicht daran gewöhnen müssen, dass ab jetzt die Pizza vom Arzt kommt.