Einmal ist immer das erste Mal. Das gilt auch, wenn es um Autoreparaturen geht. Unser wegen der Rechtslenkung aus England importiertes Fahrzeug, rasselte seit neuestem ein wenig seltsam. Es war also Zeit für die große Inspektion beim hiesigen Autohändler, wo mir als aufpreisloses Extra unverhofft geistlicher Beistand zu Teil wurde.
Schon zuhause in Frankfurt war es mir ein Graus gewesen, aus dem Westen in den Osten der Stadt zu fahren, wo sich alle Autohändler verabredet hatten, ihre Werkstätten zu platzieren. In Nairobi ist es ganz genauso. Wir wohnen in Westlands, und alle Autohändler liegen im Osten Richtung Flughafen. Nur der Verkehr ist hier noch viel, viel schrecklicher.
Also quetschte ich mich schon gegen 7 Uhr morgens auf Seitenstraßen an der Rushhour vorbei, auf dem Weg zur Werkstatt, die vor etwa 50 Jahren von einem Deutschen gegründet wurde. Aus der kleinen Klitsche ist in der Zwischenzeit einer dieser automobilen Paläste geworden, wo die gepflegte Stille in den weitläufigen Hallen an Sakralbauten erinnert.
Gut war, dass ich den Weg schon kannte. Denn ich war schon vor einigen Tagen einmal hier gewesen, nur um erfahren, dass ich den Fahrzeugbrief hätte vorweisen müssen, wollte ich den Wagen reparieren lassen. Diese Erkenntnis hatte mich drei Stunden Nahkampf auf Nairobis Kreisverkehren gekostet. Immerhin musste ich dafür bei diesem zweiten Anlauf nicht auch nach Straßenkarte lesen während der Fahrt.
Hinter dem Eingang war eigentlich so weit alles wie in Deutschland. Aufgedonnerte Geländewagen buhlten um Aufmerksamkeit, knallige Image-Videos unterstrichen das Markenerlebnis, in flachen Vitrinen lagen Souvenirs wie Devotionalien ausgestellt. Ein Service Assistent namens Bartholomew widmete sich mir und meinem Wagen und tippte alles eifrig in ein Computer-Programm. Übermorgen könnte ich das Auto abholen.
Schon während wir uns dem Ende der Prozedur näherten, hatte ich ein Taxi gerufen. Bartholomew fragte, ob ich einen Kaffee trinken wollte, während ich wartete. Da sagte ich nicht nein. Daraufhin führte mich zur Kaffeetheke und übergab mir dort einen Zettel. Den zeigte ich einer Frau. Was ich habe wollte, fragte sie mich. Kaffee, sagte ich, und betrachtete den Zettel nun etwas genauer, während sie die Tasse füllte.
Customer Entertainment Voucher, also Kundenunterhaltungsgutschein, stand da. Sie brachte den Kaffee. Ich fragte, ob das jetzt das Entertainment war, oder ob da noch was käme, also, ob sie jetzt vielleicht singen würde. Worauf sie antwortete, das würde jetzt aber schwierig, denn sie könne sich gerade an gar kein englisches Lied erinnern.
Bevor ich jedoch erwidern konnte, dass ich auch nichts gegen einen Song in Suaheli einwenden würde, hatte sie sich besonnen und sang mitten in die ausgestellten Autos hinein: „Ha-le-luja, Ha-le-luja, Ha-le-luja, Ha-lee-luu-jaaaa.“ Spontan ergriffen, sang ich die letzten Silben mit, und weil es so schön war, wiederholten wir das Ganze noch einmal.
Ich schwöre – bei Carl Benz und Rudolf Diesel – dass ich noch nie zuvor in einem Autohaus gesungen habe. Weder allein, noch im Duett mit einer Customer Entertainment Beauftragten. Schon gleich gar nicht Halleluja. Vielleicht wäre das ja etwas, woran die Marketing-Abteilungen der großen Autokonzerne in Zukunft arbeiten könnten.