Vor einigen Tagen, wenn ich mich genau erinnere, es der der Tag, an dem in Moskau der erste Schnee fiel, an jenem Tag also bekamen wir eine Email, die nur zwei Wörter enthielt. Und ein Foto. In der Mail stand: “Ukrainisches Sushi.”Die Mail kam von einem Bekannten in Kiew. Ein Bekannter, der gerne Witze erzählte, wie diesen:
“Eine russische Blondine wird von einem Verkehrspolizisten angehalten. Er sagt: Zeigen sie mir ihre Papiere! Die Blondine gerät in Panik und gibt ihm aus Versehen ihren Schminkspiegel. Der Polizist schaut auf den Spiegel, stutzt und sagt: Aha, sie sind also auch ein Verkehrspolizist…”Dieser Bekannte also hat in seiner eigenen Küche ein Foto gemacht. Und zwar vom ukrainischen Nationalgericht – im japanischen Stil sozusagen. Es heißt Salo – ausgesprochen wird das wie: “Sala”.
Salo ist schierer leicht gesalzener Schweinespeck, der nicht nur mit Salz, sondern mit Kräutern und Gewürzen eingelegt wird. Wer Und in diesem automatenspiele ist sie der Star. genau hinsieht, entdeckt auf dem Foto auch die traditionellen Beilagen zum Salo: dunkles Brot, Zwiebeln und Wodka. In jedem ukrainischen Restaurant steht Salo auf der Karte, und die Ukrainer machen genauso viel Brimborium um den Salo, wie die Amerikaner ums Barbecue und die Bayern um ihre Weißwürste: Jeder Ukrainer kennt jemanden, der ohne jeden Zweifel den weltbesten Salo macht.
Wer also Salo bestellt, bekommt üblicherweise das hier: ein Brettchen, auf dem der papierdünn (das ist wichtig!) aufgeschnittene Speck liegt. Dazu frisches Schwarzbrot und ein Schälchen mit grobem Pfeffer und zerdrücktem rohem Knoblauch. Außerdem mindestens 200 Gramm eiskalter Wodka. Man kann stundenlang mit einem Ukrainer darüber diskutieren, in welcher Reihenfolge man die Zutaten in den Mund steckt. Ich kann nur sagen, wie mir der Salo am besten schmeckt:
1. den Wodka eingießen. 2. die erste Scheibe Salo auf die Zunge legen, um dessen Qualität zu prüfen. Er sollte auf der Zunge schmelzen. Wenn er erstklassig ist, braucht man danach weder Pfeffer noch Knoblauch. 3. mit Wodka nachspülen. 4. ein Stück Brot kauen. 5. dann die Schritte 1-3 wiederholen, bis man satt und/oder betrunken ist.
Wenn der Salo einfach nur gut ist, kann man ihn in die Gewürze stippen oder etwas Zwiebeln und Knoblauch drauftun.
Ich weiß, ich weiß, ihr denkt gerade, was fast alle Deutschen denken: Bäh, wie eklig – reines weißes Schweinefett. Aber glaubt mir, die Kombination mit dem Wodka macht den Salo zur Delikatesse. Und ich will gar nicht erst damit anfangen, dass Foie Gras im Grunde auch nicht anderes ist als ein Klumpen Gänseschmalz mit Lebergeschmack.
Allerdings würde ich nicht unbedingt dazu raten, den Salo in der Form zu essen, wie auf dem Foto. Das schmeckt dann so als würde man lauwarme Margarine so zu esse, wie man als Kind heimlich Nutella aß – mit einem Esslöffel.