Als ich den Beitrag meines Co-Bloggers Michael las, wie er versuchte per Google-Reisebüro mit dem Auto nach Moskau zu fahren, da bin ich sofort aufgesprungen. Ich rannte in den nächsten Supermarkt, denn bei seiner Ankunft würde er sicher durstig sein, und ich hatte kein Bier mehr im Kühlschrank. Die Filiale der Supermarktkette “Alphabet des Geschmacks” in meiner Nachbarschaft feierte gerade, wie offenbar im Rest der Welt auch, ebenso krampfhaft wie hysterisch Oktoberfest.
Allgemein
Sisyphos am Bankautomaten
Lieber Markus,
vor einigen Wochen wollte ich irgendwo hinfliegen. Alles war soweit gut. Nur beging ich beim Ticketkauf einen entscheidenden Fehler und achtete nicht darauf, dass es nur in Bar oder mit Scheck bezahlt werden kann. Um diese Schuld abzutragen, fahre ich nun seit fast zwei Stunden durch ein heißes, autoverstopftes Accra. Meine Mission: Ich brauche Geld.
Es brennt, es brennt!
Lieber Michael,
Nachts hat der Wind gedreht. Und alles wurde noch viel, viel schlimmer.
Na? Klingt der letzte Satz nicht wie der Vorspann eines Gruselfilms aus den Fünfzigern? Oder eines Katastrophenfilms aus den Siebzigern? “Andromeda – Tödlicher Staub aus dem All” oder so ähnlich. Sooo weit hergeholt ist das noch nicht Mal. Auch wennfemme doudoune canada goose ich mich an die Momente im Moskauer Leben, wo ich mich wie im Grusel- oder Katastrophenfilm fühle, eigentlich längst gewöhnt hatte.
Social web
Lieber Markus,
unlängst sitze ich im Frankie’s in Accra und genehmige mir einen Kaffee. Das an sich wäre ja noch nichts besonderes, wenn der dort nicht so kräftig wäre. Er ist stark, sehr stark, so stark, dass ich jedesmal befürchte, er könnte sich durch die Wand der Tasse fressen. Vielleicht liegt es an der aufputschenden Wirkung des Getränks, jedenfalls springe ich nach Genuss desselben auf und verlasse das Lokal hektisch in Richtung Oxford Street. Dabei vergesse ich auf dem Tisch gleich zwei Mobiltelefone.
Wehe den Besiegten
Lieber Michael,
Als First Lady kennst Du diese Situation sicher auch: Man steht irgendwo bei einer Veranstaltung herum und darf sich nicht darüber beschweren, dass der ausgeschenkte Sekt lauwarm und halbtrocken ist. Stattdessen muss man launige Konversation mit Wildfremden machen und wird von denen zu allem Überfluss auch noch gefragt: “Ach, und Sie sind der Ehemann? Und was machen Sie so den ganzen Tag?”
Ein Hundeleben
Lieber Michael,
Dein Brief über das Tierleben rund um euer Domizil hat mich schwer beeindruckt: Flughunde! Essbare Ratten!! Schlangen!!! In Moskau sind die Ratten zwar mehr als zahlreich, aber garantiert nicht essbar. Schlangen gibt vor allem an den Rolltreppen in die U-Bahn. Und die Hunde in hier können nicht fliegen. Dafür aber etwas anderes. U-Bahn fahren nämlich.
Wen die Nachtigall stört
Lieber Michael,
Vor Kurzem haben auch wir hier gefeiert: den höchsten russischen Feiertag – “Tag des Sieges” über Hitlerdeutschland. Da wurden Blumen für die Veteranen verteilt. Fürs Volk gab es eine große Militärparade mit T-34 Panzern und Atomraketen und ein spektakuläres Feuerwerk über dem Kreml im Megatonnenbereich. Wodka, Bier und Schaschlik gibt es sowieso jedes Wochenende.
Frühlingsduft und Lederhosen
Lieber Michael,
hier in Moskau dauert der Winter fünf bis sechs Monate lang. Zumindest, wenn man den Zeitraum rechnet, in dem der Himmel bleigrau ist. Wo sogar der Hefeteig nicht richtig aufgehen will, weil das Leben sich immer nur im Dämmerlicht abspielt. Aber jetzt ist endlich der Frühling da. Plötzlich sieht man sogar manchmal ein Lächeln in den sonst so unbeweglichen Gesichtern der Moskauer.
Auf Nummer sicher
Als ich heute Morgen im BBC Radio von den Bomben in Moskau hörte, habe ich natürlich sofort an Euch gedacht. Dann aber habe ich meine ganze Hoffnung auf diese riesige Stadt gesetzt, in der Ihr wohnt. Darauf, dass Moskau einfach zu groß und das Risiko zu klein ist, um Euch da mit hinein zu ziehen.
Bomben in der Metro
Lieber Michael,
diesmal wird mein Brief nur ganz kurz – aus aktuellem Anlass: vor etwa anderthalb Stunden sind zwei Bomben in der Moskauer Metro explodiert. Die erste und die zweite gingen hoch an Bahnsteigen an denen ich gestern Abend auch stand, auf dem Heimweg vom Sonntagsspaziergang durch die Innenstadt. Es war die Station “Lubjanka”, benannt nach der damaligen KGB-und heutigen FSB-Zentrale. Ein paar Minuten später explodierte die zweite Bombe in der Station “Park Kultury”, die Station unter dem Gorki-Park. Beide Stationen sind wichtige Knotenpunkte zum Umsteigen für die acht Millionen Passagiere, die jeden Werktag die Moskauer Metro benutzen.